Im vergangenen Jahr gab es am Flughafen Hamburg rund 150.000 Flugbewegungen. Jede einzelne davon erzeugt Lärm, was besonders einige Anwohner stört. Der Spagat zwischen Wirtschaftsfaktor und Anwohnerbelastung ist ein Klassiker, überall in Deutschland, wo es Flughäfen gibt, insbesondere, wenn diese ausgebaut werden sollen. Das steht in Hamburg derzeit zwar nicht an, dennoch will der Airport mit Transparenz nun in die Offensive gehen. Anfang der Woche startete er ein Online-Messportal für den Fluglärm.
Unter travis.hamburg-airport.de kann man nun mit zehn Minuten Verzögerung die aktuellen Daten, aber auch Daten aus dem Archiv für die Messpunkte des Flughafens auf einer Karte anzeigen lassen. Außerdem zu sehen sind die Flugbewegungen. Die Lärmbelastung für einen beliebigen Ort, etwa die eigene Wohnung, lässt sich errechnen. „Wir haben uns schon immer um größtmögliche Transparenz bemüht – jetzt sind wir noch transparenter“, zitiert der Airport in seiner Pressemitteilung Sarah Herkle und Wolfgang Schümann vom Zentralbereich Umwelt des Flughafens.
Allerdings: Neue Maßstäbe in Sachen Transparenz setzt das Unternehmen mit dem Fluglärm-Portal Hamburg noch nicht: Im Archivmodus sind derzeit nur Daten bis Ende April sichtbar, grundsätzlich sollen die Daten aus den jeweils letzten beiden Monaten sichtbar sein. Daten aus dem Vorjahr wären damit außen vor, auch Vergleiche sind derzeit nicht möglich. Feste Messpunkte entlang der südlichen An- und Abflugschneise über den Stadtpark und Alsterdorf fehlen weiter. Und: Es gibt keine Möglichkeit, die Daten der nächstgelegenen Station oder gar die errechneten für den eigenen Standpunkt herunterzuladen. Wer seine Lärmbelastung etwa protokollieren will, muss jedes Mal innerhalb des Tools selbst nachschauen. Eine offene Schnittstelle, die es ermöglicht, eigene Anwendungen mit den Daten zu erstellen, hat man ebenfalls bislang nicht eingebaut.
Koaltionsvertrag widmet dem Thema wenig Bedeutung
Die betroffenen Bürger sehen die Sache derweil ohnehin pragmatischer, wie man aus einer Reihe an Kommentaren zu den Presseberichten zum Fluglärm-Portal lesen kann. Frei nach dem Motto: „Wenn ich wissen will, wie das Wetter ist, schau ich aus dem Fenster“, denken die sich: Dass es manchmal laut ist, weiß ich selbst. Statt einem Portal wünschen sie sich, dass etwas am Lärm selbst getan wird.
Die rot-grüne Koalition hat diesbezüglich jüngst zumindest Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag festgehalten. Der Flughafen müsse „gerade als großer stadtnaher Flughafen im Einklang mit betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern stehen“, heißt es darin. Deshalb solle der beschlossene 16-Punkte-Plan konsequent umgesetzt werden. Zudem werde „permanent nach Möglichkeiten gesucht, den Lärmschutz weiter zu verbessern“.
Darüber hinaus liest sich aus dem Dokument jedoch kein besonderer Handlungsbedarf heraus, vielmehr stellen die Koalitionäre fest, dass bereits ein Lärmkontingent festgeschrieben sei und es ein Nachtflugverbot gebe. Zudem würden für die Fluglinien finanzielle Anreize geschaffen, pünktlich und mit leiseren Maschinen zu landen. Abschließend schreiben SPD und Grüne zum Flughafen: „Alle Belange des Fluglärmschutzes und der Entwicklung des Flughafens sollen zukünftig auch in einer vom Flughafen initiierten Allianz für den Lärmschutz besprochen werden.“ Ob das neue Fluglärmportal dabei frischen Gesprächsstoff bietet, wird sich zeigen.
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