Hamburgs neue Regierung steht: Olaf Scholz und Katharina Fegebank haben heute den Koalitionsvertrag vorgestellt. SPD und Grüne fassen darin auf 115 Seiten zusammen, was sie in der kommenden Legislaturperiode umsetzen wollen. In vielen Punkten hat sich die SPD durchgesetzt. Sie wird zudem neben den Bürgermeister die Senatoren für folgende Bereiche stellen:
- Finanzen
- Inneres und Sport
- Wirtschaft, Verkehr und Innovation
- Arbeit, Soziales, Familie und Integration
- Gesundheit und Verbraucherschutz
- Kultur
- Stadtentwicklung und Wohnen sowie
- Schule und Berufsbildung.
Die Grünen stellen die Zweite Bürgermeisterin und folgende Senatoren
- Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung
- Umwelt und Energie
- Justiz
Und auch wenn Papier geduldig ist, nachfolgend ein Überblick über einige der wichtigsten Aussagen der Vereinbarung. Den gesamten Vertrag gibt es hier.
Haushalt
„Der Haushaltsüberschuss im Jahr 2014 von 422 Mio. Euro wird – soweit nicht anderweitig gebunden – in Höhe von rund 400 Mio. Euro zur Schuldentilgung eingesetzt. Für die Jahre 2015 und 2016 ergeben sich aus den Haushaltsplänen noch Finanzierungsdefizite. Für die Jahre ab 2017 sind im Kernhaushalt keine neuen Schulden mehr vorgesehen. Das soll so bleiben.“
KiTa-Kräfte
„Der Senat wird den Personalschlüssel im Krippenbereich schneller als geplant verbessern. Die „Eckpunktevereinbarung zu Qualitätsverbesserungen in Krippe und Kita“ vom 10. Dezember 2014 wird gemeinsam und auf Basis des zugesagten Eigenanteils der Träger mit den Kita-Verbänden so angepasst, dass bereits ab dem 1. August 2016 die Personalwochenstunden für das Erziehungspersonal bei allen Leistungsarten im Krippenbereich für die Kinder im Alter von 25 bis 36 Monaten um 10 Prozent angehoben werden. Zum 1. August 2019 soll im Krippenbereich ein rechnerischer Personalschlüssel von 1 zu 4 erreicht sein.“
Flüchtlinge
„Die Koalitionspartner sind sich einig, dass trotz aller gegenwärtig notwendigen Anstrengungen die sozialräumliche Integration auch in kleineren Unterkünften und Wohnungen in den Blick genommen wird und hier neue Wege erprobt werden. Wir wollen, dass bei der Planung der Unterbringung immer auch die Frage der Bildung konzeptionell mitgedacht wird. Wir wollen auch die Rahmenbedingungen in den Unterkünften verbessern und kontinuierlich die Angemessenheit des Personalschlüssels überprüfen sowie die ehrenamtliche Arbeit und Betreuung durch eine ausreichende Zahl von Ansprechpersonen und eine alle Ebenen miteinander verzahnende Koordination fördern und unterstützen.“
Elbvertiefung
„Die Koalitionspartner sind sich über die Beurteilung der Notwendigkeit einer weiteren Elbvertiefung uneinig […] Die Koalitionspartner verpflichten sich zu einer verbindlichen und zeitnahen Umsetzung aller etwaigen gerichtlichen Maßgaben des BVerwG und werden in der Folge alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um die zügige bauliche Umsetzung der Fahrrinnenanpassung zu erreichen.“
U5
„Die neue U-Bahnlinie U5 soll im Osten von Bramfeld über Steilshoop voraussichtlich über Sengelmannstraße und Borgweg in die Innenstadt und von dort über Lurup zum Osdorfer Born führen. Der Senat wird die Vorplanungen hierfür aufnehmen. Der Bau beginnt dann im nächsten Jahrzehnt. Der Senat setzt sich das Ziel, in spätestens 15 Jahren die wichtigsten Streckenabschnitte fertiggestellt zu haben. Um einen zügigen Ausbau zu gewährleisten, werden wir sowohl im Osten als auch im Westen der Stadt mit den Planungen und in der Folge mit den Bauarbeiten möglichst parallel beginnen.“
Wohnungsbau
„Bis zum Anfang der 20er Jahre sollen in Hamburg 1 Mio. Wohnungen verfügbar sein. Jährlich sollen weiterhin mindestens 6.000 Wohnungen genehmigt und gebaut werden.“
Kennzeichnungspflicht von Polizisten
„Ausgehend von den Erfahrungen anderer Bundesländer werden die Koalitionspartner zügig Gespräche mit den Polizeigewerkschaften aufnehmen, um zu prüfen, ob und wie eine Kennzeichnungspflicht auch bei der Hamburger Bereitschaftspolizei eingeführt werden kann.“
Gefahrengebiete
– Das Wort Gefahrengebiet taucht im Koalitionsvertrag nicht auf! –
Olympia
„Der Senat wird die Planung weiter vorantreiben, und auf dieser Grundlage die Kosten so weit wie möglich ermitteln und das bürgerschaftliche Ersuchen Schritt für Schritt beantworten, wenn die jeweiligen Informationen vorliegen. Als Stadtstaat streben wir eine faire und akzeptable Kostenteilung mit dem Bund, dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und der Wirtschaft an. Für die Olympischen Spiele und die dafür erforderlichen Betriebsverlagerungen werden wir keine neuen Schulden machen und auch keine anderen Projekte zurückstellen. Wir werden rechtzeitig vor dem Referendum die Kosten und die Finanzierung transparent darstellen.“
„Das Hafenerweiterungsgebiet Moorburg wird weder für die Olympischen und Paralympischen Spiele noch die damit verbundenen Betriebsverlagerungen in Anspruch genommen. Die Ersatzflächen sollen innerhalb des Hafengebiets oder bestehender Gewerbeflächen gefunden werden.“
Öffentliches WLAN
„Öffentliche WLAN-Angebote sind Teil der digitalen Infrastruktur großer Städte. Der Senat hat daher ein großes Interesse daran, öffentliche und öffentlich geteilte Netze auszubauen. Es ist selbstverständlich, dass dabei der Datenschutz stets gewährleistet bleiben muss. Gleichzeitig werden wir uns auch weiterhin auf Bundesebene dafür einsetzen, dass im Hinblick auf die sogenannte Störerhaftung bei der Nutzung von gewerblichen und privaten öffentlichen WLAN- Angeboten und Freifunk Rechtsklarheit herrscht.“
StadtRad
„Mit der Deutsche Bahn (DB) Rent AG werden Gespräche aufgenommen und das StadtRad-Netz um mindestens 70 Stationen in 2015 erweitert. Bei einer Neuausschreibung des Fahrradleihsystems soll explizit das Flottenangebot verbessert werden. Sowohl Pedelecs als auch Lastenräder oder solche mit Kindersitz sollen im Portfolio des zukünftigen Anbieters enthalten sein.“
Park+Ride
„Die Koalitionspartner begrüßen das etablierte Park+Ride-Konzept und halten an der Durchführung fest. Allerdings soll geprüft werden, ob es am Wochenende Ausnahmeregelungen zugunsten des Einzelhandels geben kann. Neue P+R-Stationen sollen nur in den äußeren Bereichen von Hamburg und im Umland errichtet werden. Erhobene Gebühren werden für mehr Sauberkeit und Sicherheit ausgegeben. Dabei soll es Rabatte für HVV-Abokarteninhaberinnen und -inhaber geben.“
Gängeviertel
„Die Koalitionspartner sind sich einig, dass das Projekt weitergeführt werden soll. Gemeinsam mit den Akteurinnen und Akteuren sollen Lösungen in den vereinbarten Arbeitsgruppen diskutiert und gefunden werden, um das genossenschaftliche Modell mit den rechtlichen Verpflichtungen der Stadt und den angestrebten Selbstverwaltungsstrukturen in Einklang zu bringen.“
Fracking
„Die Koalition lehnt die Förderung unkonventioneller Erdgasvorkommen mittels Fracking ab. Der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit hat absoluten Vorrang. Vor diesem Hintergrund werden in Zukunft Anträge auf Probebohrungen und Bohrungen in Wasserschutz- und Wassereinzugsgebieten in Hamburg nicht unterstützt.“
Tablets an Schulen
„In einer sicheren und datenschutzkonformen Infrastruktur will der Senat Computer, Laptops oder Tablets im Unterricht einsetzen.“
Datenschutz
„Dazu gehört auch, dass die Koalitionspartner die Unabhängigkeit des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) weiter stärken wollen. Daher streben wir an, den HmbBfDI vollständig vom Senat loszulösen. Die konkrete rechtliche Ausgestaltung wird zwischen den Koalitionspartnern in enger Abstimmung mit der Hamburgischen Bürgerschaft geklärt.“
Medien/Start-Ups
„Hamburg hat in den letzten Jahren mit betahaus, SocialMediaWeek Hamburg oder HamburgStartups wichtige Kristallisationspunkte unterstützt. Der Senat will alle relevanten Stakeholder in Hamburg zusammenbringen und ein StartUp Ökosystem aufbauen.“
Ministerienzuschnitt
„Aus der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt geht eine Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen sowie eine Behörde für Umwelt und Energie hervor. Die Abteilung für Gleichstellung wechselt aus der bisherigen Behörde für Justiz und Gleichstellung in die zukünftige Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung. Die Abteilung Landschaftsplanung und Stadtgrün aus der bisherigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt wechselt in die zukünftige Behörde für Umwelt und Energie.“
Pingback: Donnerstag, 9. April: Koalitionsvertrag vorgestellt, Investition in Bildung, ESC-Party auf St. Pauli | Tagesjournal
Pingback: Mehr Flüchtlingsunterkünfte, guter Basketball, neue U-Bahn - Speersort 1 - ZEIT ONLINE