Hamburg – die schönste Stadt der Welt? – Teil 2

Bild: Inga Zimmermann
Stadtgefühl

Nachdem ich vor einigen Wochen an gleicher Stelle schon einmal diese Frage stellte, anschließend aber nur den Titel der schönsten Stadt Deutschlands an Hamburg vergeben konnte, werde ich heute den Blick über den Tellerrand werfen und nun auch den internationalen Vergleich wagen. Dabei werde ich Hamburg sowohl mit Brüssel als auch Sydney vergleichen – das sind die zwei Städte, in denen ich während meiner ‚jüngeren‘ Vergangenheit leben durfte und für einige Tage noch darf.

Heute steht also wieder ein Dreiervergleich an: Hamburg muss sich als amtierende schönste Stadt Deutschlands gegen die belgische Hauptstadt Brüssel sowie die flächenmäßig siebtgrößte Stadt der Welt, Sydney, behaupten.

Heute steht also wieder ein Dreiervergleich an: Hamburg muss sich als amtierende schönste Stadt Deutschlands gegen die belgische Hauptstadt Brüssel sowie die flächenmäßig siebtgrößte Stadt der Welt, Sydney, behaupten. Doch was macht Hamburg zur schönsten Stadt? Für mich ist das der passende Mix aus dem ersten Eindruck, den ich von Hamburg bekommen habe, dem Erscheinungsbild der Innen- bzw. Altstadt und weiterer wichtiger Hotspots, die Lage an Alster und Elbe, Freunde in der Stadt, Sportmöglichkeiten bzw. –Mannschaften sowie das allgemeine Lebensgefühl.

Brüssel

Wer sich noch an meinen ersten Text erinnert und die Einfahrt in den Hamburg Hafen kennt, der kann mit Sicherheit nachvollziehen, wie erhaben die Stadt auf einen wirkt, wenn man Süddeutschland langsam hinter sich lässt. Ganz anders Brüssel: Nach einer kurzen Fahrt im ICE von Köln über Aachen fährt man durch den Brüsseler Norden in die Stadt hinein – wahrlich keine Vorzeigegegend der Stadt. Während sich der Zug langsam weiter vom Gare du Nord zum Gare du Midi schlängelt, zeigt sich dann das sehr abwechslungsreiche Stadtbild, dass einen überall in Brüssel begegnet: Auf der einen Seite alte Häuser in ärmeren Gegenden, nebenan frisch renovierte Gebäude und im Hintergrund moderne Bürotürme. Nicht zu vergessen die vielen Sprachen, die einem überall in der Stadt begegnen und einen Teil des besonderen Flairs ausmachen.

Nachdem mir die Einfahrt in die Stadt schon einen ersten Eindruck vermitteln konnte und den späteren Gesamteindruck ganz gut wiederspiegelt, so ist es mir in Brüssel doch oft passiert, dass ich überrascht von dem war, was ich hinter der nächsten Ecke vorgefunden habe – gibt es doch viele Ecken, die einem erst aus nächster Nähe oder ganz plötzlich in Erscheinung treten. So zum Beispiel der vom gothischen Rathaus und barocken Prachtbauten umgebene Grand Place, den man erst sehen kann, wenn man tatsächlich auf ihm steht! Oder das weltberühmte Atomium, dass einem auf der Fahrt mit der Tram lange verborgen bleibt, bis es plötzlich unmittelbar neben einem an der Strecke steht. Auch die großen Gebäude der EU, wie das Europäische Parlament, sind durch die verwinkelte Bauweise Brüssels oft – aber nicht immer – vor allzu neugierigen Blicken geschützt.

Brüssel

Bild: Ingo Henning

Kommen wir nun zum Sport. Anders als in Hamburg kenne ich in Brüssel keine Profisportmannschaften. Die waren aber auch gar nicht nötig, habe ich die Zeit doch für eigenes Training genutzt – der Marathon in Hamburg musste schließlich vorbereitet werden. Die vielen Intervalltrainings um sechs Uhr morgens vor dem Sonnenaufgang im Parc du Cinquantenaire oder die langen Läufe samstags hin zum Bois de la Cambre werden in guter Erinnerung bleiben.

Es gibt super Ecken in der Stadt, umgeben von nicht so schönen Gegenden.

Beim Schreiben dieser Zeilen fällt es mir immer noch schwer, klare Position bezüglich meiner Meinung gegenüber Brüssel zu beziehen. Damit wären wir wieder am Anfang angekommen: Es gibt super Ecken in der Stadt, umgeben von nicht so schönen Gegenden. Ähnlich würde ich mein Lebensgefühl beschreiben, das sich in Brüssel entwickelte: Da es für mich lange Zeit nicht klar war, wie viel Zeit ich in der Stadt verbringen werde, konnte ich die guten Momente – von denen es auch dank meiner Freunde aus Studienzeiten doch zahlreiche gab – nicht immer in vollen Zügen genießen.

Sydney

So, die letzte Stadt ist nun Sydney: Größte Stadt in Australien und flächenmäßig die siebtgrößte Stadt in der Welt. Bei diesen Dimensionen habe ich mir gedacht, dass ich mir erst einmal von willkürlich ausgesuchen Passanten, die beide Städte kennen, sagen lasse, was die jeweiligen Städte für sie ausmachen. Ein Aspekt wurde dabei immer wieder genannt, und den kann ich so nur bestätigen: Beide Städte sind sich sehr ähnlich!

  • In beiden Städten nimmt das Wasser eine dominierende Rolle ein: In Hamburg durch Elbe inklusive Hafen und Alster – in Sydney durch den Pazifik inklusive Hafen und zahlreichen Stränden
  • Elbphilarmonie in Hamburg am Hafen – Oper in Sydney am Hafen (der Bau dauerte acht Jahre länger und die Kosten waren um das Vierzehnfache höher als ursprünglich geplant)
  • Köhlbrandbrücke in Hamburg – Harbour Bridge in Sydney
  • Hafencity in Hamburg – Darling Harbour in Sydney
  • Fischmarkt in beiden Städten
  • Besuch zahlreicher Kreuzfahrtschiffe in beiden Städten (gerade eben wurden die Queen Mary 2 und die Queen Victoria mit einem Feuerwerk gebührend verabschiedet)

Auf meine Frage, welche der beiden Städte denn die schönere sei, wollte mir leider keiner der Befragten eine verbindliche Antwort geben. Was bei einigen daran lag, dass sie Hamburg im Winter besuchten und daher den direkten Vergleich unfair empfanden, weil das australische Sommerwetter dem norddeutsche Winterwetter natürlich überlegen ist. Also bin ich doch wieder auf mein eigenes Urteilsvermögen angewiesen.

Mein erster richtiger Eindruck von Sydney war phänomenal

Mein erster richtiger Eindruck von Sydney war phänomenal: Ich bin aus dem Zug vom Flughafen ausgestiegen und habe am Circular Quay auf die Fähre nach Cremorne gewartet – mit direktem Blick auf die Harbour Bridge zu meiner Linken und die Oper zu meiner Rechten! Nachdem nun einige Tage vergangen sind, kann ich den ersten Eindruck bestätigen: Hier kann man seine Zeit verbringen. Es ist zwar alles sehr teuer und die Entfernungen sind sehr groß. Dafür wird man mit wunderschönen Stränden, einer abwechslungsreichen und sehr lebendigen Stadt sowie tollen Reisemöglichkeiten auch in der näheren Umgebung entschädigt!

Sydney ist seit langem die erste Stadt, in der ich zu Beginn noch überhaupt keinen kannte. Dafür kann ich der Stadt aber keinen Minuspunkt geben, weil ich in der Zwischenzeit einige Freundschaften schließen konnte und so das kühle Blonde in Gesellschaft genießen konnte – auch wenn der Geschmack vom australischen Bier ausbaufähig ist.

Wisst ihr, welches Ereignis im Jahre 2000 in Sydney stattgefunden hat? Genau, die Olympischen Spiele, die Hamburg 24 Jahre später auch gerne ausrichten möchte. Geht man hier in Sydney durch die Straßen, könnte man bei der Anzahl an Trainierenden fast glauben, dass die nächsten Spiele wieder an Sydney und nicht an Rio vergeben wurden. Die Sportbegeisterung der Australier geht so weit, dass samstagmorgens um 6 Uhr die Straßen voller Rennradfahrer sind und bei 35°C ein mehrstündiger Fitnesstest veranstaltet wird. Auch mich hat es wieder erwischt, nutze ich doch den Heimweg regelmäßig als Trainingsstrecke – der Hamburg Marathon steht schließlich wieder vor der Tür, wenn auch dieses Mal als Staffelläufer.

Sydney Harbour Bridge Oper

Bild: Ingo Henning

Nun muss ich also eine Entscheidung treffen, welcher Stadt ich meinen ganz persönlichen Titel als schönste Stadt der Welt verleihen kann. Und da muss ich ganz ehrlich sagen, dass es hier keine eindeutige Entscheidung gibt. Vom reinen Erscheinungsbild her gehen meine Punkte nach Sydney, doch zählen für mich auch die weiteren Faktoren. Nach nur wenigen Wochen in Australien lässt es sich vielleicht so am besten zusammen fassen: Es ist wunderschön hier, aber ich freue mich auch wieder auf Hamburg, mit all seinen Ecken und Kanten – und ja, auch seinem Schietwetter.

Über

Ingo kam erstmals 2010 zum Studium in unsere Stadt und antwortet mittlerweile auf die Frage, woher er komme, mit “Hamburg”. Durch seinen Job ist er momentan allerdings selten in Hamburg, wodurch er aber einen Blick “von außen” auf die Ereignisse bekommt. Seine Interessen an Politik und Sport finden sich auch in seinen Artikeln auf Elbmelancholie wieder.

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