Das Problem an Buchrezensionen ist ja, dass man das Buch dafür zuvor gelesen haben sollte. Und auch wenn ich als Journalist viel lese, so ist ein Roman häufig zu viel für meine Geduld. Als uns das Rezensionsexemplar von „Alstervergnügen“ von Ole Albers erreichte, sah ich mich dennoch dazu imstande, mich dem Werk inhaltlich zu nähern – umfasst es doch nur knapp 200 Seiten. Was soll ich sagen: Ich bin froh darüber, denn „Alstervergnügen“ bietet richtig gute Unterhaltung.
Der unterhaltsamen Schreibe und einem besonderen erzählerischen Trick – auf den ich gleich noch eingehen möchte – ist es zu verdanken, dass der Leser von Beginn an weiterlesen will, auch wenn auf den ersten fünfzig Seiten inhaltlich nicht viel passiert und auch keine übermäßige Spannung aufgebaut wird. Dafür gibt es sehr witzige Dialoge und Kulissen, die für jeden Hamburger sehr lebendig sind. Direkt zu Beginn finden wir uns etwa im Jim Block am Jungfernstieg wieder, wenig später am Millerntor. Auf Seite fünfzig folgt dann ein großer „WTF“-Moment ab dem die eigentliche Geschichte losgeht, in der Hauptcharakter Sven und seine neue Bekanntschaft Jule irgendwie zwischen die Fronten zwischen Polizei und Schwerverbrechern geraten und plötzlich jede Menge Gegenspieler haben und zunächst einmal nichts, aber auch wirklich nichts läuft, wie es sollte.
Das Ganze ist natürlich hoffnungslos überzeichnet. Während in den Schweiger-Tatorten diese Diskrepanz zwischen dem doch eher friedlichen Hamburg und dem Mord- und Totschlag der Geschichte mit vielen Explosionen kaschiert ist, greift Ole Albers zu einer gehörigen Portion Humor. „Alstervergnügen“ ist kein Krimi und auch eher kein Thriller, sondern in erster Linie eine Komödie, mit einer gesunden Portion Heimatgeschichte. Die dargestellten Personen sind hoffnungslos überzeichnet, was sich vor allem in der Trotteligkeit von Verbrechern und Polizei wiederspiegelt. Der Leser merkt schnell, dass die Geschichte sich nicht zu ernst nimmt. Dies hilft auch, über gewisse Logiklöcher hinwegzusehen (vielleicht mit Ausnahme der mit Vehemenz falsch dargestellten U-Bahn-Verbindungen).
Den Fakt, dass der Autor seine im Eigenverlag publizierte Geschichte selbst nicht zu ernst nimmt, erkennt der Leser am bereits erwähnten Trick. Über die etwa 200 Seiten verteilt finden sich über 60 Fußnoten, in denen Albers die Geschichte zusätzlich kommentiert. Der Part „“Karma is a bitch“, sagen die Engländer“, wird so zum Beispiel mit „Und deutsche Autoren, denen keine adäquate und ebenso prägnante Übersetzung einfällt“ ergänzt – was wiederum etwas später noch einmal aufgegriffen wird.
Ob Autor, Erzähler und Hauptcharakter aber wirklich so sehr zu trennen sind, steht auf einem anderen Blatt, immerhin steht im Vorwort, dass zumindest die „guten“ Personen in der Geschichte in der realen Welt existieren – auch wenn sie nichts erlebt hätten, dass der Geschichte auch nur annähernd entspreche. Hauptcharakter Sven ist übrigens „Internetprogrammierer und Webdesigner“, der Autor wiederum ist laut Biografie übrigens seit knapp 10 Jahren als Software-Entwickler tätig. Zu wünschen sei ihm also, dass er wirklich nichts wie in der Geschichte beschriebenes durchmachen musste – wenngleich es sich am Ende ja doch lohnen könnte, aber ich will nicht zu viel verraten. Denn auch wenn das Buch, wie gesagt, nicht allein von der Spannung lebt, ist dem Leser dennoch fast nie klar, was in diesem absurden Abenteuer als nächstes passiert.
Insgesamt entsteht so ein unterhaltsames und mit seinen 200 Seiten auch kurzweiliges Buch, das auch Lesemuffel wie mich fesseln und zum Lachen bringen kann. „Alstervergnügen“ ist in meinen Augen besonders für Hamburger und besonders für männliche Leser gemacht, da sich diese in einige der beschriebenen Orte und Situationen einfacher hineinversetzen können beziehungsweise sich mit ihnen identifizieren können. Aber auch für weibliche Leser aus Bremen gilt an dieser Stelle meine Empfehlung: Lesen!
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