Das steht im Vertrag zwischen der Hamburg Top-Level-Domain GmbH und der Stadt Hamburg

Bild: Elbmelancholie
Netzleben

Vor etwa einem Monat berichtete ich über den Start der Sunrise Phase für die neue Hamburg Top-Level-Domain (TLD). Darin erwähnte ich auch, dass ich über eine Transparenzgesetz-Anfrage beantragt habe, dass der Kooperationsvertrag zwischen der Stadt Hamburg und der GmbH, welche die neuen .hamburg-Domains (Second-Level-Domains, SLD) vergibt, offen gelegt wird. Dies ist heute geschehen.

Es hat zwar lange gedauert, aber die Senatskanzlei schaffte es, mir innerhalb der entsprechenden Frist zu antworten. Zudem ist im Dokument nichts geschwärzt worden. Beim Vertrag handle es sich um einen vor Inkrafttreten des Transparenzgesetzes geschlossenen sogenannten Altvertrag mit Geheimhaltungsklausel, schrieb mir die Senatskanzlei. Der Vertragspartner habe jedoch auf Nachfrage einer Übermittlung zugestimmt.

Die Senatskanzlei verwies in ihrer Antwort zudem darauf, dass gegenwärtig über einige Änderungen des Kooperationsvertrags verhandelt würde, die sich jedoch nicht substanziell auswirken dürften. Wann es zu einer Unterzeichnung der Änderungen komme, sei derzeit noch nicht absehbar.

Was steht im Vertrag?

Es sieht so aus, als habe die Stadt (FHH) gut verhandelt. Sie muss kein Geld zuschießen, bekommt einen Teil der Gewinne und hat weitreichendes Mitspracherecht. In Punkt 1.2 heißt es:

„Die Parteien sind sich einig, dass die TLD im Interesse des Standortes Hamburg und der Metropolregion Hamburg betrieben werden soll. Wirtschaftliche Entscheidungen beim Betrieb der TLD-Registry sind daher maßgeblich an den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnissen der Stadt Hamburg und der Metropolregion Hamburg auszurichten. Des Weiteren ist bei der Vergabe der SLD und dem Betrieb der TLD der Ruf und das Ansehen der FHH zu schützen.“

Wie dies im Einzelnen passiert, wird in den 28 Seiten des Vertrags näher bestimmt. So wird in Punkt 1.4 festgelegt: „Die Parteien sind sich einig, dass […] eine finanzielle Beteiligung der FHH an jeglichen Kosten ausgeschlossen ist. […] Die FHH leistet auch keine Zuschüsse, Bürgschaften, Verlustübernahmen oder sonstige Finanzierungs- oder Sicherheitsleistungen.“ Wohl aber wird die Stadt an den Einnahmen beteiligt, wie Punkt 19 festlegt. So bekommt die Stadt Hamburg jeweils jährlich pro registrierter Domain zwischen drei und sechs Euro, abhängig davon, wie viele Domains vergeben wurden. Zudem erhält sie fünf Prozent der Erlöse aus der Vergabe von Premium-Domains. Die Kosten für die Zustimmung der Stadt im Rahmen des Vergabeverfahrens wurden darüber hinaus mit 50.000 Euro in Rechnung gestellt, wovon die Hälfte jedoch durch die Bereitstellung von Domains für die Stadt („Whitelist“) verrechnet wurde.

Ebenfalls zusichern ließ sich die Stadt im Rahmen des Kooperationsvertrags, dass die Domains nur an in Hamburg ansässige Unternehmen und Personen vergeben werden. Einige Unternehmen sollten zudem noch vor der Sunrise-Phase einen privilegierten Zugang zu Domains erhalten. Auch die Preispolitik wurde vorab grob festgelegt. Durch eine „moderate Preispolitik“ solle gewährleistet werden, dass die Domains preisgünstig gehalten werden können und die Domain-Endung eine große Verbreitung erlange.

FHH Gesellschafter der Hamburg Top-Level-Domain GmbH

Neben den Bestimmungen des Kooperationsvertrags sicherte sich die Stadt aber noch auf andere Weise ab. Die Grundlage dafür bietet Punkt 20: Der sieht zum einen vor, dass eine Vereinbarung abgeschlossen wird, welche der Stadt Hamburg die Option einräumt, sämtliche Geschäftsanteile der Gesellschafter der Betreiberfirma zu übernehmen. Darüber hinaus wurde die Stadt Hamburg selbst Gesellschafter an der Firma. Dafür zahlte sie zwar nur ein geringes Stammkapital ein, das auch nicht erhöht werden muss, erhielt aber weitreichende Kompetenzen.

Aus dem Gesellschaftervertrag der Hamburg Top-Level-Domain GmbH geht hervor, dass viele Entscheidungen nicht gegen die Stimmen der Stadt Hamburg getroffen werden können. Dazu zählen Änderungen am Gesellschaftervertrag oder an Stammkapital und Stimmrechten, der Verkauf oder die Auflösung der Gesellschaft, die Aufnahme von neuen Gesellschaftern (auch Stiller Gesellschafter) sowie die Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern. Auch Anstellungsverträge können nicht gegen die Stimmen der Stadt als Gesellschafter beschlossen werden.

Der Gesellschaftervertrag und der Kooperationsvertrag zeigen, dass die Hamburg Top-Level-Domain zwar privatwirtschaftlich betrieben wird, die Stadt aber großen Einfluss geltend gemacht hat und weiterhin Einflussmöglichkeiten besitzt. Die gute Nachricht: Mögliche Verluste würden den Steuerzahler zunächst einmal nicht treffen. Gewinne kommen jedoch der Stadt zugute, was jedoch auch bedeutet, dass Hamburg ein Interesse am finanziellen Erfolg der Domainendung haben wird.

Verhandlungen verliefen laut Gründer „fair“

Dass die Stadt auf ein weitreichendes Mitspracherecht bestehen würde, sei den Gründern der Domain-Initiative bereits mit Bekanntgabe der Ausschreibungsbedingungen klar gewesen, sagt mir Oliver Süme, Gründer und aktueller Geschäftsführer der Hamburg Top-Level-Domain GmbH. Die Verhandlungen waren seiner Aussage zufolge „fair und von gemeinsamen Willen geprägt, .hamburg zu realisieren.“ Wie gut das gelingt, wird sich vor allem in den kommenden Monaten zeigen. Ab dem 27. August gehen die ersten Domains online.

Der gesamte Kooperationsvertrag ist hier einsehbar. Nicht beigefügt sind die Anhänge, die unter anderem die Blacklist und Whitelist für Domains beinhalten, sowie eine Liste von Unternehmen, die privilegierten Zugang zu den Domains hatten.

Über

Andreas kam 2010 zwei Monate für ein Praktikum nach Hamburg. Im Sommer 2012 kehrte er nach abgeschlossenem Studium zurück, um hier als Journalist zu arbeiten. Twitter: @youdazandreasgriess.de Redaktionsleiter von Elbmelancholie

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