Tja, was soll man sagen: Nick Tschiller ist wieder da. Am Sonntag strahlt das Erste um 20:15 Uhr den zweiten Hamburg-Tatort mit Til Schweiger aus, das UCI zeigt ihn sogar auf der Kinoleinwand. Vom Stil hat sich wenig geändert. Warum auch, brachte „Willkommen in Hamburg“ im vergangenen Jahr doch nicht nur große Diskussionen, sondern auch die bis dato beste Tatort-Quote seit Jahren – auch wenn diese mittlerweile von einem Münster-Fall wieder getoppt wurde.
„Kopfgeld“, so der Titel des neuen Streifens, knüpft fast nahtlos an die Geschehnisse aus dem ersten Schweiger-Tatort an. Sieht man einmal von den bewusst als Zweiteilern konzipierten Tatorten ab, ist dies ungewöhnlich für die Krimi-Reihe. Bei den Dortmunder Beiträgen wurde bereits eine fortlaufende Hintergrundgeschichte eingeführt, in Hamburg geht man noch ein Stück weiter. Hier baut auch der eigentliche Fall auf die Handlung des ersten Teils auf, selbst Schweigers Gegenspieler in Person des Clan-Führers Firat Astan (gespielt von Erdal Yildiz) ist identisch.
Das ist an für sich zu begrüßen. Die derzeit wohl besten Serien, nennen wir an dieser Stelle US-Formate wie Homeland oder Game of Thrones, setzen auf fortlaufende Geschichten. Des Deutschen liebstes Kind, der Tatort, hat bislang meist eine Handlung, die ab 21:45 Uhr schon wieder so irrelevant ist, wie die Gäste, die dann bei Günther Jauch diskutieren. Der Nachteil an einer sogenannten „horizontalen Erzählweise“: man muss auch den Teil vor dem aktuellen gesehen haben. Angesichts der Mega-Quote aus Schweigers erstem Tatort ist das jedoch realistisch. Die nächsten Schweiger-Tatorte sollen übrigens als aufeinanderfolgender Zweiteiler gezeigt werden, ist zu hören. Doch auch wenn der neue Film eine rasante Erzählweise aufweist, ist man schnell wieder in der Handlung drin, obwohl der letzte Action-Krimi aus Hamburg bereits etwa ein Jahr alt ist.
Für wen das damals schon nichts war und wer deshalb nicht eingeschaltet hat, für den ist „Kopfgeld“ ohnehin nichts, denn es hat sich kaum etwas geändert:
- Til Schweiger alias Nick Tschiller legt wieder einen Alleingang nach dem anderen hin
- Hamburg wird dargestellt, als fänden hier täglich Schießereien statt
- Luna Schweiger kann immer noch nur in einer, zudem leider gelangweilt klingenden, Tonlage sprechen
- Nick Tschiller ist weiterhin ein Rabenvater, den jedoch alle Frauen toll finden
- Er rennt wieder mit einer minderjährigen Person an sich gefesselt durch die Stadt
- Es gibt tolle Luftbilder von Hamburg als Zwischenschnitt
Der Vollständigkeit halber hier aber auch die wichtigsten Unterschiede im Vergleich zum ersten Teil:
- Statt ein „Fuck“ in der ersten Szene gibt es Sex in der ersten Szene
- Statt Nick Tschillers Co-Kommissar Yalcin Gümer (gespielt von Fahri Yardim) muss dieses Mal Staatsanwältin Hanna Lennerz (Edita Malovcic) nach einem Zwischenfall ins Krankenhaus
- Statt einer Bombe in einem Hotelzimmer explodiert eine Bombe in einem Auto
- Britta Hammelstein als Ermittlerin Ines Kallwey hat nun kurze Haare
Unterm Strich bleibt eine solide und spannende Abendunterhaltung, die ein schlechtes Bild auf Hamburg wirft, die es aber dennoch auch als Hamburger anzuschauen lohnt. Mit einem klassischen Tatort hat der Schweiger-„Krimi“ jedoch weiterhin so viel zu tun, wie der HSV mit dem FC Bayern: Einmal im Jahr begegnet man sich in Hamburg, Ähnlichkeiten sind innerhalb der 90 Minuten aber nicht zu erkennen.
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