Nie mehr „Zurückbleiben bitte!“ in der U-Bahn

Bild: Andreas Grieß
Stadtgefühl

Wir werden sie vermissen: die Durchsage „Zurückbleiben bitte“, die uns Hamburger an jeder U-Bahn-Station bei jedem Zug bis hierhin verfolgt – ich meine begleitet – hat. Jahrelang gesprochen von Ingrid Metz-Neun, seit Mitte vergangenen Jahres mit dem Wechsel der Ansagerinstimme durch Anke Harnack und gelegentlich auch manuell durch den Zugführer (dann meist als genuscheltes „zrückblenbddö!“), wies sie uns Fahrgäste darauf hin, dass die Türen gleich schließen würden.

Dumm nur: An den meisten Stationen übersetzten wir „Zurückbleiben bitte“ mit „jetzt flott in Richtung Zug rennen und schnell noch durch die Tür quetschen“. Oder wie es die Hochbahn offiziell und etwas freundlicher ausdrückt: „Zurückblieben bitte“ sei eine „teilweise als Startsignal verstandene Durchsage“. So sind wir Deutschen, bei rot bleiben wir zur Not tagelang an der Ampel stehen, auch wenn niemand kommt – ist schließlich verboten zu fahren. Aber wenn uns ein gelbes Licht – oder eine Ansage – darauf hinweist, dass wir gleich warten müssten, drücken wir lieber voll aufs Gas.

Die Hochbahn hat sich deshalb nun entschlossen, das gelbe Licht – also die besagte Durchsage – zu streichen. Ab dem kommenden Montag (17. Februar) gibt es nur noch ein blinkendes Licht in den neuen Zügen sowie das nervige Piepen beim Schließen der Türen, welches auch in den alten DT3-Zügen ertönen wird. Das klingt dort sicher seltsam angesichts der mechanischen Türen: „piep-piep-piep-klatsch!“ Schüler und Berufstätige werden das vom morgendlichen Wecker kennen.

„Mit dem neuen Verfahren erhöht sich die Sicherheit für die Fahrgäste“, teilt die Hochbahn mit, die vermutlich noch nicht ahnt, dass wir die verkürzte Vorwahnzeit bis zum Schließen der Türen ganz „How I met your mother“-like mit „Challenge accepted“ kommentieren werden. Und damit es nicht ganz so sehr danach klingt, dass die Streichung des „Zurückblieben bitte“ beschlossen wurde, weil wir zu ignorant sind, das erste der beiden Worte zu verstehen, nennt das Unternehmen noch zwei weitere Gründe: die Umstellung auf ein einheitliches Signal und – mein absoluter Favorit – „beachtliche Energieeinsparungen“.

Ohne das Signal werde die Abfertigung künftig schneller gehen. Das wäre für mich eigentlich ein gutes Argument. Aber um den grünen Touch zu bekommen, wird noch ein Stück weiter gedreht: „Es entstehen mehr Zeitreserven, die U-Bahnen können langsamer fahren und müssen nicht so stark beschleunigen. Das spart Energie“, ist zu lesen. Statt „zurückbleiben bitte“ nun also „vorweg gehen“, wenn das nicht Schleichwerbung für ein großes Energieunternehmen wäre. Laut NDR spart die Hochbahn durch die geänderte Abfertigung sieben Millionen Kilowattstunden oder anders ausgedrückt: 700.000 Euro pro Jahr.

Also liebe Leute, passt ab kommender Woche auf, nicht unerwartet zwischen die Türen zu geraten. Hoffen wir, dass alles wirklich sicherer und nicht nur günstiger ist. Vor allem in der Anfangszeit wird das plötzliche Schließen bestimmt ungewohnt sein. In diesem Sinne werfe ich mal den Piepton an, denn dieser Beitrag schließt nun.

PS: Und jetzt noch mal im Ernst: Quetscht euch nicht in die Türen. Das ist wirklich gefährlich und verzögert die Abfahrt für alle Fahrgäste.

Über

Andreas kam 2010 zwei Monate für ein Praktikum nach Hamburg. Im Sommer 2012 kehrte er nach abgeschlossenem Studium zurück, um hier als Journalist zu arbeiten. Twitter: @youdazandreasgriess.de Redaktionsleiter von Elbmelancholie

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