Hamburg.de ist für viele Bewohner unserer Stadt eine regelmäßige Anlaufstelle. Behördeninformationen, Termine und auch redaktioneller Content. Vor kurzem beschrieb ich in meiner Kurzkritik nach dem Relaunch, dass das nur bedingt funktioniert. Ich erwähnte auch, dass nicht Hamburg selbst die Seite betreibt, sondern der Betrieb in eine externe Firma ausgelagert wurde, deren Haupteigner Axel Springer ist. Doch unter welchen Bedingungen geschieht dies alles? Dazu lässt sich nun einiges mehr sagen, als noch vor ein paar Wochen.
Der Grund: Die Verträge zwischen der Hansestadt und der Betreibergesellschaft sind jetzt im Internet einsehbar. Zumindest weitestgehend. Michael Büker, Student und Piratenpartei-Politiker hier in Hamburg, hat via fragdenstaat.de unter Bezugnahme auf das Hamburger Transparenzgesetz die Offenlegung der Dokumente erwirkt. Seinen Antrag stellte Büker bereits Anfang Oktober 2012. Es dauerte jedoch bis Ende Januar, bis die Dokumente ausgehändigt wurden.
Die Stadt musste mit den Vertragspartnern erst nachverhandeln, da das Abkommen vor Verabschiedung des Informationsfreiheits-Gesetzes abgeschlossen wurde. Insgesamt blieb der Antragsteller zudem auf Kosten von gut 150 Euro sitzen.
Für Meedia.de habe ich mir die veröffentlichten Verträge angeschaut. Fazit: Springer und Co. übernahmen die Seite 2000 und setzen 2003 dann einen neuen Vertrag auf, weil „das Finanzierungskonzept […] sich […] als unrealistisch herausstellte“. Im Vertrag ab 2003 fehlt unter Paragraf 3 „Leistungen der Betreibergesellschaft“ der Hinweis, dass die Leistungen ohne gesondertes Entgelt anfallen und durch die Leistungen der Stadt abgegolten seien, wie er in der 2000er-Fassung zu finden ist. Hinzu kommt unter Paragraf 4 „Leistungen der FHH“ (FHH bedeutet Freie- und Hansestadt Hamburg“) ein neuer Punkt hinzu: 4.4. Dieser ist jedoch geschwärzt. Ob hier womöglich Zahlungen oder ein garantierter Gewinn vereinbart sind, lässt sich also nur spekulieren. Auch der Paragraf 5 „Vergütung zusätzlicher Leistungen“ ist geschwärzt. Der Anhang „Sideletter Verrechnungsmodalitäten“ wurde gar nicht erst zur Veröffentlichung freigegeben.
„Deshalb kann ich die Anfrage nicht als vollen Erfolg bezeichnen, aber als wichtigen Schritt hin zu mehr Nachvollziehbarkeit in Sachen hamburg.de“, sagt mit daher auch Michael Büker. Ihm sei die duale Natur als offizielles Stadtportal und kommerzieller Werbe- und Promotionplattform schon länger suspekt gewesen. „Wirklich aneinander geraten bin ich damit, als sich unser Pirat in der Bezirksversammlung Hamburg-Bergedorf für Internet-Streaming der Sitzungen stark gemacht hat und dabei unter Verweis auf nebulöse Lizenzprobleme mit hamburg.de abgewimmelt wurde“, so Büker.
Weitere Erkenntnisse hat er bislang noch nicht aus den Verträgen, Anhängen und Zusatzdokumenten ziehen können. „Ich bin erst am Anfang der Auswertung. Die Verträge lesen zu können heißt ja leider noch lange nicht, sie verstehen zu können“, meint er. Der 25-Jährige möchte sich daher mit Personen austauschen, „die hamburg.de schon länger und näher kennen“.
Und dann? „Dann gilt es für mich, frühere Aussagen der Senatskanzlei oder von hamburg.de selbst angesichts der Erkenntnisse zu bewerten, und vor allem weiter nach den geheim gehaltenen Details zu fragen“, verrät der Physik-Student, der zudem gerade auf die Bewertung seiner jüngst abgegebenen Diplomarbeit wartet.
Und welches Fazit zieht er vom Transparenzgesetz in Hamburg? Unsere erste Bemühung bei Elbmelancholie, es zu nutzen, war bekanntlich leider weniger erfolgreich. „Das Transparenzgesetz ist als das deutschlandweit weitestgehende Informationsfreiheitsgesetz auf jeden Fall vorbildlich.“ Es gelte jedoch genau zu beobachten, wie mit dem Gesetz umgegangen werde. „Auf fragdenstaat.de zeigt sich eine ganze Bandbreite von auskunftsfreudigen Stellen bis hin zu öffentlichen Institutionen, die jede Auskunft verweigern, wie etwa der NDR oder die städtische Immobiliengesellschaft Sprinkenhof AG“, bilanziert Büker.
Zudem herrsche viel Spielraum für die Behörden hinsichtlich der Gebühren. Das bringe Unsicherheit für die Anfragesteller mit sich. „Diese Situation dürfte sich aber entspannen, wenn ab Herbst 2014 die meisten Informationen im zu schaffenden Informationsregister online veröffentlicht werden und damit nicht mehr angefragt werden müssen“, hofft er.
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